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#1

Beschneidung - Zwischen Recht und Religion

Das Urteil des Kölner Landgerichts im Mai 2012 zur Beschneidung hat einen breiten gesellschaftlichen Diskurs entfacht. Experten aus Wissenschaft, Politik und Recht streiten darüber, inwieweit die rituelle Beschneidung das Wohl des Kindes beeinträchtigt und wo die Grenzen der Religionsfreiheit liegen.


Religiöse Pflicht oder Misshandlung?

Die Beschneidung von Jungen ist juristisch nicht klar geregelt. Jetzt ist ein Streit entbrannt zwischen einigen Ärzten und einem muslimischen Verband.
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Für die einen sind es wenige Zentimeter, die nicht stören. Für andere ein unhygienisches oder unästhetisches Stück Haut, das sie wegoperieren lassen. Für gläubige Juden und Muslime ist es ein Teil ihres Körpers, der entfernt gehört: die Vorhaut.

Die religiöse Beschneidung von Jungen hat einen Streit zwischen der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) und Autoren des Deutschen Ärzteblattes ausgelöst. In dem Aufsatz "Strafrechtliche Konsequenzen auch bei religiöser Begründung" raten die Ärzte Hans-Georg Dietz, Maximilian Stehr und der Jurist Holm Putzke von Beschneidungen ohne medizinische Notwendigkeit ab. Denn die Entfernung der Vorhaut stelle einen "nicht nur unerheblichen Substanzverlust dar, sie ist mithin eine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit", bei der sich der Operateur wegen Körperverletzung strafbar machen könne.

Die Befürworter der Beschneidung argumentieren hingegen mit dem Grundrecht auf Religionsfreiheit: "Hier fehlt es an jeglichem Verständnis für religiöse Bedürfnisse, egal welchen Glaubens", sagt Engin Karahan von der IGMG, der 87.000 Mitglieder angehören. Massive Diskriminierung und Bevormundung wirft Karahan den Verfassern des Artikels vor.

Rechtlich finden Beschneidungen im Spannungsfeld zwischen Religionsfreiheit, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und dem elterlichem Erziehungsrecht statt. Sie sind juristisch nicht klar geregelt und wurden bisher kaum thematisiert.

Ulrich Hofmann, Präsident der deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie, empfiehlt seinen Kollegen, mit den Erziehungsberechtigten ein ausführliches Aufklärungsgespräch durchzuführen und sich vertraglich abzusichern. Denn vielleicht klagen irgendwann einmal die Beschnittenen gegen die Ärzte.

Eltern, die ihre Söhne auf Krankenschein beschneiden lassen möchten, brauchen ohnehin eine Überweisung vom Arzt. Denn nur die medizinische Indikation ist wirklich gesetzlich erlaubt. Vorhautverengung lautet die Standarddiagnose, die meistens vorgeschoben wird.

Karahan erzählt von verzweifelten Vätern und Müttern, die die Antidiskriminierungsstelle der IGMG kontaktieren, weil sie keinen Mediziner finden, der ohne Überweisung eine Beschneidung durchführen will. Wem ein Flug in die Heimat zu teuer oder der Aufwand zu hoch ist, der hilft sich anders. So kommt es zu Pfuschereien.

2004 wurde in Frankenthal ein nichtärztlicher Operateur verurteilt, weil er eine Vorhautentfernung fehlerhaft vorgenommen hatte. Das Gericht sprach dem Kläger Schmerzensgeld zu, weil bei religiösen Beschneidungen "der in Deutschland geltende Standard eingehalten werden" müsse.

2006 wurde ein türkischer Rentner in Düsseldorf zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er als Laie kleine Jungen beschnitten hatte. Der Mann verteidigte sich: In der Türkei gelte er als angesehener Operateur, und es sei dort nicht die Aufgabe von Ärzten, diese Eingriffe durchzuführen. Bei beiden Entscheidungen wurde die Frage übergangen, ob Eltern ihre minderjährigen Jungen überhaupt aus religiösen Motiven beschneiden lassen dürfen.

Bei der Beschneidung eines männlichen Gliedes wird das "Präputium", die Vorhaut, teilweise oder vollständig operativ entfernt. Sie zu rekonstruieren ist höchst kompliziert. Die Beschneidung (medizinisch Zirkumzision) wird auch aus nichtreligiösen Gründen durchgeführt. Medizinische Gründe für eine Beschneidung können eine Vorhautverengung oder immer wiederkehrende Entzündungen der ableitenden Harnwege sein.

Manche versprechen sich aus der Freilegung der Eichel einen zusätzlichen sexuellen Lustgewinn. Zum Teil entschließen sich Männer aus Gründen des persönlichen Geschmacks zu dem Eingriff oder aus hygienischen Motiven. Denn zwischen Vorhaut und Eichel können sich Keime ansammeln. Ein unangenehmer Geruch und die Bildung von Karzinomen können die Folge sein.

Weil eine Operation aus diesen Motiven keine medizinische Notwendigkeit darstellt, lehnen die gesetzlichen Krankenkassen die Kostenübernahme ab. Die meisten Beschneidungen sind aber religiös motiviert. Denn die Entfernung der Vorhaut ist für Juden und Muslime eine Pflicht.

Putzke, der sich in mehreren Aufsätzen mit dem Thema beschäftigt hat, weiß, dass er provoziert. Er gibt offen zu, dass er an einem Tabu rüttelt. "Aber man muss als Wissenschaftler seine Gedanken frei äußern und religiöse Traditionen hinterfragen dürfen", verteidigt er sich und schiebt hinterher: "Eine Rechtsfrage lässt sich nicht lösen, indem man das Problem auf eine rechtsfreie, emotionale Ebene verschiebt."

Eine Sichtweise, die Karahan nachvollziehen kann. Dennoch wirft er dem Juristen Einseitigkeit und Befangenheit vor: "Holm Putzke wurde nach eigenen Angaben von der Islamkritikerin Necla Kelek inspiriert. Ein rein wissenschaftliches Anliegen kann man dahinter kaum vermuten."



Jüdische Gemeinde nennt Beschneidungs-Regelung antisemitisch
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Vermeintliche Barbaren
Hilfe, die glauben!





wo endet religionsfreiheit, wo beginnt das recht auf körperliche unversehrtheit?
diese form der religiösen beschneidung hat eine jahrtausend alte tradition, seit langem auch in deutschland - wird es nun zeit das sich die religionen selbst hinterfragen und sich dem rechtsstaat anpassen und so verändern/entwickeln?

nimmt sich der rechtsstaat durch diese entscheidung zu viele freiheiten und verletzt grenzen, wenn er sich so in religiöse, aber auch private angelegenheiten einmischt?
warum ist die religiöse beschneidung von jungen erst jetzt eine durch ein gericht festgestellte körperverletzung, warum nicht schon seitdem sie zum religiösen alltag in deutschland gehört?

ist ein kompromiss zwischen recht und religion denkbar? wie könnte dieser aussehen?

Ethikrat steckt im Dilemma
Debatte um Beschneidung nimmt zu - Juden und Muslime demonstrieren
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vor 3 Monaten

#2

Re: Beschneidung - Zwischen Recht und Religion

Gesetzesentwurf:

Regierung will Beschneidung bundesweit erlauben

Eine medizinisch fachgerechte Beschneidung soll nach Plänen des Justizministeriums straffrei bleiben. Eine Sonderregelung soll greifen, wenn das Kindeswohl gefährdet ist.
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Die Bundesregierung will medizinisch fachgerechte Beschneidungen von jüdischen und muslimischen Jungen erlauben. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) legte den Ländern und Verbänden Eckpunkte für eine gesetzliche Regelung vor. Demnach wäre eine Beschneidung, die mit Einwilligung der Eltern und nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen wird, nicht rechtswidrig und damit nicht strafbar. Ein Sprecher des Justizministeriums sagte: "Die Beschneidung bleibt in Deutschland erlaubt."

Hintergrund für die Gesetzespläne ist ein Urteil des Landgerichts Köln. Die Richter hatten im Mai die Entfernung der Vorhaut bei Neugeborenen und Kleinkindern als Eingriff in die körperliche Unversehrtheit gewertet. Das Urteil, das für andere Gerichte nicht bindend ist, hatte internationale Aufmerksamkeit erregt und erhebliche Unruhe unter Juden und Muslimen ausgelöst. Daraufhin hatte der Bundestag die Regierung aufgefordert, dazu eine gesetzliche Regelung auszuarbeiten.

Dem Papier zufolge soll im Kindschaftsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein Paragraf angehängt werden, der klarstellt, dass Eltern unter bestimmten Voraussetzungen der Beschneidung ihres Sohnes zustimmen können. Der Eingriff muss dabei nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen werden. Das beinhaltet bei Bedarf auch eine Schmerzbehandlung.

Ausnahme bei Gefährdung des Kindeswohls


Der Sprecher von Leutheusser-Schnarrenberger sagte: "Die Regelung soll die Verunsicherung nach dem Urteil des Landgerichts Köln beseitigen." Das Ressort habe mehrere Anforderungen berücksichtigt. Die Beschneidung müsse fachgerecht und möglichst schonend ablaufen. Dem Eingriff müsse eine umfassende Aufklärung vorausgehen. Eltern müssten den Kindeswillen bei der Frage miteinbeziehen. Und: Eine Ausnahme gelte, wenn das Kindeswohl gefährdet sei, etwa durch gesundheitliche Risiken bei Blutern.

Der Vorschlag des Justizministeriums beschränkt sich nicht auf eine religiöse Motivation der Eltern. In dem Papier heißt es, die Rechtspraxis sähe sich sonst vor die Aufgabe gestellt, den Inhalt religiöser Überzeugungen ermitteln zu müssen.

Die Erziehung liege primär in der Verantwortung der Eltern, sagte der Sprecher von Leutheusser-Schnarrenberger zu den Grundlagen der Neuregelung. Sie könnten sämtliche Fragen ihre Kinder betreffend entscheiden. Dazu gehöre auch "eine Beschneidung des Jungen nach Regeln der ärztlichen Kunst". Der Staat habe ein Wächteramt, wenn im Einzelfall eine Kindeswohlgefährdung drohe.

Auch Mitglieder der Religionsgemeinschaft dürfen Beschneidung durchführen


Innerhalb der ersten sechs Lebensmonate eines Kindes könnten die Beschneidung neben Ärzten auch von Personen vorgenommen werden, die von ihrer Religionsgemeinschaft dafür vorgesehen seien, sagte der Sprecher. "Diese Personen müssen die Beschneidung genauso gut wie ein Arzt beherrschen." Die gesetzliche Regelung sei auf Jungen beschränkt, die noch nicht selbst entscheiden könnten.

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, begrüßte die Vorlage der Eckpunkte zum Gesetzesentwurf. "Aus unserer Sicht ist das ein Schritt in die richtige Richtung", sagte er. Bei dem Entwurf des Bundesjustizministeriums handele es sich um ein gutes Diskussionspapier, das jedoch in Einzelfragen des Feinschliffs bedürfe.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete, das Justizressort habe die angeschriebenen Fachleute und Verbände bis zum 1. Oktober um eine Stellungnahme zu den Vorschlägen gebeten. Hintergrund sei, dass der Bundestag noch im Herbst die Vorlage eines Gesetzentwurfes erwarte. Außerdem werde das Vorhaben als eilbedürftig angesehen.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast mahnte, der Bundestag müsse das Thema sehr sorgfältig beraten. Die Debatte um die Beschneidung sei keine leichte. Künast plädierte auch dafür, bei dieser Entscheidung im Parlament die Fraktionsdisziplin aufzuheben.

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vor 3 Monaten

#3

Re: Beschneidung - Zwischen Recht und Religion

Beschneidung von Jungen bleibt straffrei


Die Aufregung über das Beschneidungs-Urteil war groß: Ein Gericht stufte den Eingriff als Körperverletzung ein, Juden und Muslime reagierten empört. Eine neue Gesetzesregelung soll nun Ruhe bringen.
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Nach den hitzigen Debatten über die unklare Rechtslage bei Beschneidungen von jüdischen und muslimischen Jungen soll eine neue Gesetzesregelung für Ruhe sorgen. Das Bundeskabinett brachte die Pläne am Mittwoch auf den Weg.

Der Eingriff soll demnach in Deutschland erlaubt bleiben. Voraussetzung ist, dass die Regeln der ärztlichen Kunst eingehalten werden. Das bedeutet, dass ein Kind im Zweifel eine Betäubung oder Narkose bekommt. Eltern müssen sich außerdem vor dem Eingriff über die Risiken aufklären lassen. Und: Das Kindeswohl darf nicht gefährdet sein.

Anfang Mai hatten Richter am Kölner Landgericht die religiöse Beschneidung eines minderjährigen Jungen als rechtswidrige Körperverletzung eingestuft. Das Urteil hatte bei Muslimen wie Juden Empörung und Proteste ausgelöst. Bei beiden gilt die Beschneidung als wichtiger Bestandteil der religiösen und kulturellen Identität.

Auch Nicht-Ärzte dürfen beschneiden

Die Gesetzespläne aus dem Haus von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sehen zudem vor, dass auch Nicht-Ärzte in den ersten sechs Lebensmonaten eines Kindes den Eingriff übernehmen können. Bedingung ist, dass die Beschneider besonders dafür ausgebildet sind. Der Gesetzestext soll als Paragraf 1631d in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB ) eingefügt werden.

Nach heftigen öffentlichen Debatten hatte der Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, einen Entwurf zur Beschneidung auszuarbeiten. Die Regierung machte bei der Arbeit an den Gesetzesplänen viel Tempo. Der Bundestag soll die Neuregelung noch in diesem Jahr beschließen.

Jüdische und muslimische Verbände loben das geplante Beschneidungsgesetz. "Das ist ein ausgesprochen lebenskluger, ausgewogener und fairer Gesetzentwurf", sagte der Vorsitzende des Zentralrates der Juden, Dieter Graumann, der "Rheinischen Post" über die Vorlage. Der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime, Aiman Mazyek, sagte, es werde das "entscheidende Signal" ausgesendet, dass jüdisches und muslimisches Leben weiter willkommen sei. Rechtssicherheit zu schaffen bedeute "Aufrechterhaltung der Religionsfreiheit und damit auch Rechtsfrieden in unserem Land".
Quelle
Die Muschi ist kein Grammophon,sie spielt auch keine Lieder,
sie ist nur ein Erholungsort für steifgewordene Glieder.
vor 2 Monaten

#4

Re: Beschneidung - Zwischen Recht und Religion

Bundestag erlaubt Beschneidung von Jungen

Jungen dürfen in Deutschland weiter beschnitten werden. Die Ärzte müssen den Eingriff aber "nach den Regeln der ärztlichen Kunst" vornehmen.
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Die Beschneidung von jüdischen und muslimischen Jungen soll in Deutschland erlaubt bleiben. Der Bundestag hat einen Gesetzentwurf der Bundesregierung beschlossen, wonach solche Eingriffe auch in Zukunft zulässig sind. Sie müssen jedoch "nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt" werden.

Das bedeutet unter anderem, dass ein Junge im Zweifel eine Betäubung oder Narkose erhält. In den ersten sechs Lebensmonaten des Säuglings dürfen religiöse Beschneider den Eingriff vornehmen, solange sie ausgebildet sind. Ist das Kind älter, darf die Beschneidung nur von Ärzten vorgenommen werden. Der Bundesrat entscheidet am Freitag über das Gesetz, eine Mehrheit gilt als sicher.

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte, das Gesetz bedeute eine Rückkehr zur Normalität. Es gebe auf der Welt kein Land, dass die religiöse Beschneidung von Jungen generell unter Strafe stelle.

Deutliche Mehrheit im Parlament


Auslöser der Debatte war ein Urteil des Kölner Landgerichts, das im Mai die rituelle Beschneidung eines minderjährigen Jungen als rechtswidrige Körperverletzung eingestuft hatte. Dies führte zu einer Protestwelle von Juden und Muslimen, die Beschneidung ist ein wichtiger Bestandteil ihrer Religion.

Die Bundesregierung brachte daraufhin im Eiltempo einen Gesetzentwurf auf den Weg, um Rechtssicherheit zu schaffen. Dieser bekam nun eine deutliche Mehrheit im Parlament: 434 Parlamentarier votierten dafür, 100 dagegen, 46 enthielten sich. Auch Abgeordnete der Opposition trugen den Regierungsvorschlag mit.

Abgelehnt wurde ein alternativer Gesetzentwurf, den 66 Abgeordnete von SPD, Linken und Grünen eingebracht hatten. Sie wollten Beschneidungen erst ab einem Alter von 14 Jahren erlauben. Zudem sollte nach ihrem Willen nur ein Arzt beschneiden dürfen.

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vor 5 Tagen