Die Seite wird geladen

Die Seite wird geladen...
Die Seite wird geladen...

Forum » News Forum » User-News » Allgemeine News » Freihandelsabkommen

#1

Freihandelsabkommen

Demokratien verbünden sich gegen Chinas Macht

Japan, Europa und die USA wollen freien Handel. Gelingt das Projekt, entsteht ein gewaltiger liberaler Wirtschaftsblock – gegen Chinas Macht.


Es geht um Absatzmärkte, Arbeitsplätze und Wachstum: Die Europäische Union, Japan und die USA wollen eine gemeinsame Freihandelszone gründen. Läuft alles gut, entsteht zwischen den dreien bald ein riesiger Handelsraum. Vielleicht wäre es sogar die größte Freihandelszone der Welt. Mehr als die Hälfte der globalen Wirtschaftskraft – gemessen an den heutigen Kräfteverhältnissen – würden zu ihr gehören. Die Auswirkungen wären gigantisch.

Am weitesten gediehen sind bislang die Verhandlungen zwischen den Europäern und den USA. Seit zwei Monaten laufen die Gespräche. Geht es nach dem erklärten Willen der USA, soll grundsätzlich kein Industriezweig von dem Abkommen unberührt bleiben. "Alles ist auf dem Tisch", heißt es im Jargon der Verhandlungsführer. Bleibt es dabei, würde alleine das EU-US Freihandelsabkommen rund 45 Prozent der weltweiten Wirtschaft umfassen. Beide Partner erhoffen sich davon zwei Prozentpunkte an zusätzlichem Wachstum und zwei Millionen neue Jobs – in der gegenwärtigen Krise sind das starke Argumente.

Nun verhandeln seit rund einer Woche auch die EU und Japan. Die Europäische Kommission knüpft hohe Erwartungen an die Gespräche. Sie schätzt, dass die Exporte nach Japan durch einen Freihandelsvertrag um ein Drittel steigen können. 400.000 neue Arbeitsplätze würden entstehen. Die jährliche Wirtschaftsleistung Europas könnte um zusätzliche 0,8 Prozentpunkte wachsen. Japan verspricht sich neue Geschäftsmöglichkeiten vor allem im Automobil- und Elektroniksektor. Den Konsumenten könnte der freie Handel niedrigere Preise und mehr Auswahl bringen.

Nach langen innenpolitischen Debatten hat Japan sich nun auch zu Verhandlungen mit den USA durchgerungen. Noch in diesem Jahr könnten die Gespräche beginnen. Sie sollen im Rahmen der von den USA angeführten Trans-Pazifik-Partnerschaft (TPP) stattfinden, über die derzeit schon zehn weitere Pazifikanrainer verhandeln. Die Beweggründe der Staaten sind ähnlich wie in den anderen Freihandelsverhandlungen: Japan und die USA hoffen auf mehr Wachstum.

Europa misstraut Japan


Einfach wird der Weg zum Freihandel aber nicht werden. Jeder der drei Partner verbindet eigene Sorgen mit einem Abkommen. So will Japan seine Landwirtschaft vor der Konkurrenz aus den USA schützen, während diese ihre Autoindustrie nicht ganz dem freien Wettbewerb aussetzen will. Ob die anderen TPP-Mitglieder aber Ausnahmen akzeptieren werden, ist völlig offen.

Europa wiederum misstraut Japan, weil das Land dafür berüchtigt ist, zwar Zölle abzuschaffen, aber zum Ausgleich andersartige Marktbarrieren aufrechtzuerhalten. Die Europäer legten den Japanern bereits eine Liste von Handelsbarrieren in diversen Branchen vor, die sie abgeschafft sehen wollen. Und schließlich fürchten die USA und die EU sich seit Kurzem vor dem fallenden Yen, der Exporte nach Japan auch in einer Handelsunion schwieriger machen dürfte.

Das alles könnte die Verhandlungen in die Länge ziehen. Experten erwarten, dass eine Einigung erst in rund drei Jahren geschafft sein wird. Ein Faktor könnte die drei größten liberalen Demokratien der Welt allerdings antreiben: Es ist der Aufstieg Chinas.

"Friedliche Strategie" zur Verbreitung liberaler Wirtschaftswerte


Als im Februar die Verhandlungen zwischen den USA und der Europäischen Union angekündigt wurden, ließen die Partner das schon durchblicken. Amerikas Präsident Barack Obama sagte, die Gespräche sollten "für fairen Wettbewerb auf den wachsenden Märkten Asiens sorgen". EU-Handelskommissar Karel De Gucht erklärte, man wolle die eigene führende ökonomische Stellung verteidigen.

Das Wachstum Chinas sei in den Freihandelsgesprächen ein ganz entscheidender Punkt, schätzt Philippe Gudin, Europa-Chefökonom der Großbank Barclays. Das Land wird schon lange dafür kritisiert, mit subventionierten Billigprodukten die Unternehmen anderer Länder auf unfaire Art in Bedrängnis zu bringen. Durch die Freihandelsverhandlungen wollen die westlichen Konkurrenten dem Druck etwas entgegensetzen. Der Handel soll ihnen Absatzmärkte sichern und helfen, Arbeitsplätze zu bewahren.

Devin Stewart vom US-Think Tank Carnegie Council glaubt, dass in den Gesprächen auch ein gutes Stück Geopolitik steckt. Der Freihandelsklub solle "Chinas Einfluss und dem Modell des Staatskapitalismus entgegenwirken", sagte er kürzlich in der Zeitschrift The Diplomat. Ein Grund für das transatlantische Abkommen und die TPP sei, dass die Politik darüber nachdenke, "wie man liberale Werte durch wirtschaftliche Aktivitäten setzt und verbreitet. Diese Initiativen könnten als friedliche Strategie zu diesem Zweck dienen."

Japans Unternehmer sehen das offenbar ähnlich: "Wenn wir uns mit den Amerikanern und der EU zusammentun, hätten wir ein großes Abkommen gleichgesinnter Gesellschaften", sagt ein Sprecher der mächtigen Wirtschaftslobby Nippon Keidanren. Die Freihandelsverträge könnten so zu einem Plädoyer für freie Marktwirtschaft und gegen starken Staatsinterventionismus werden.

Noch profitiert Japan von China


Dabei täten die drei großen Wirtschaftsblöcke schlecht daran, eine explizite Politik gegen China zu betreiben. "In den meisten Bereichen profitiert Japan derzeit von China, weil sich viele Produktionstätigkeiten ergänzen", sagt etwa der Politologe Keisuke Iida, der an der Universität Tokio zu internationalem Handel forscht. Auf lange Sicht aber könne eine Handelsunion der großen Demokratien sehr wohl als Bollwerk gegen China dienen. "Falls China irgendwann nicht mehr deutlich günstiger produzieren kann, in der Wertschöpfungskette aufsteigt und in den meisten Branchen direkter Konkurrent wäre", erklärt Iida.

Zugleich soll der große Freihandelsraum Druck auf China ausüben, die liberalen Standards von EU, USA und Japan zu akzeptieren. "Alle drei wollen eine Abschaffung fast aller Handelshemmnisse und Wettbewerbsverzerrungen sowie eine Liberalisierung für Direktinvestitionen", sagt Iida. "China will das bisher nicht."

Zwar verhandelt derzeit auch China über Freihandelsverträge, unter anderem mit Japan und Südkorea. Aber die politischen Differenzen sind hoch. Ein schneller Abschluss scheint unwahrscheinlich. So werden sich die USA, die EU und Japan wohl beeilen, ein Exempel nach ihrem Geschmack zu setzen.

http://www10.pic-upload.de/18.08.13/r81ui6dkrcpx.jpg
Benutzer die sich bedankt haben: 7
vor 5 Monaten

#2

Re: Freihandelsabkommen

Zitat:
Studie zu EU-Freihandel mit den USA:

Deutschland winken 180.000 neue Jobs

Jetzt ist es offiziell: Die Europäische Union verhandelt mit den USA über die größte Freihandelszone der Welt. Deutschland würde davon enorm profitieren. Fast fünf Prozent mehr Wirtschaftsleistung und 181.000 neue Jobs sind laut einer Studie möglich. Doch es gibt auch Nachteile.


Deutschland würde von einem umfassenden Freihandel zwischen der EU und den USA stark profitieren: 181.000 Arbeitsplätze würden zusätzlich entstehen und die Wirtschaftsleistung pro Kopf um 4,7 Prozent steigen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Bertelsmann Stiftung und des Ifo-Instituts. Für alle Mitglieder des geplanten Freihandels wäre ein umfassendes Abkommen demnach ein großer Gewinn, insbesondere für die USA, aber auch für alle anderen EU-Staaten.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso teilte nun mit, die Gespräche mit den USA über solch eine Freihandelszone hätten begonnen. Noch am Montag werde er gemeinsam mit US-Präsident Barack Obama grünes Licht geben.

Am stärksten würden sich die Vorteile der angestrebten Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP) der Studie zufolge in den USA und Großbritannien auswirken: Die Wirtschaftsleistung würde in den USA um 13,4 Prozent je Einwohner steigen, in Großbritannien um 9,7 Prozent. Mehr als eine Million neue Arbeitsplätze würden allein in der US-Wirtschaft entstehen, 400.000 im Vereinigten Königreich.

Im Durchschnitt würde die Wirtschaft in der EU um fast fünf Prozent wachsen. Die komplette Studie, Grafiken zu ausgewählten Ergenissen sowie zusätzliches Material bietet die Bertelsmann-Stiftung auf einer eigenen Website.

Die Studie macht aber auch klar: Für den Rest der Welt würde ein transatlantischer Freihandel in der Regel Einbußen bei Wirtschaftskraft und Arbeitsplätzen bedeuten. Dennoch wäre er kein simples Nullsummenspiel, sondern insgesamt ein Wachstumsimpuls. Weltweit würde die Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung um 3,3 Prozent steigen und insgesamt zwei Millionen zusätzliche Arbeitsplätze entstehen - bei beiden Größen sind die Verluste in den Verlierer-Ländern bereits eingerechnet.

Auswirkungen für 126 Länder untersucht


Theoretisch könnten also auch diejenigen davon profitieren, die eigentlich zu den Verlierern gehören - vorausgesetzt, sie übernehmen zumindest teilweise Regularien der THIP, und die Gewinner der geplanten Freihandelszone kommen ihnen entgegen. So könnte die THIP auch dazu führen, dass Kompromisse in den zurzeit stockenden Welthandelsgesprächen - der sogenannten Doha-Entwicklungsrunde - gefunden werden.

Die Forscher simulierten für ihre Studie die Auswirkungen von THIP auf 126 Länder. Mit ihrem Simulationsmodell lässt sich berechnen, wie sich die Weltwirtschaft im Jahr 2010 dargestellt hätte, wenn damals bereits ein Freihandelsabkommen voll umgesetzt gewesen wäre. Zudem legten die Forscher zwei Szenarien für die Ausgestaltung eines Freihandelsabkommens zugrunde: Im ersten Szenario würden lediglich die Zölle zwischen USA und EU wegfallen. Das zweite Szenario ist wesentlich umfassender und geht davon aus, dass zusätzlich Handelshemmnisse wegfallen, zum Beispiel unterschiedliche Qualitäts- und Rechtsstandards, Verpackungs- oder Zulassungsvorschriften.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie:

- Der Wegfall von Zöllen allein hätte nur eine sehr geringe Wirkung - statt 4,7 Prozent würde etwa die deutsche Wirtschaftsleistung nur um 0,24 Prozent wachsen. Der überwiegende Teil der errechneten Effekte beruht auf dem umfassenden Wegfall weiterer Hemmnisse. Ein Grund ist, dass die Zölle zwischen der EU und den USA ohnehin bereits relativ niedrig sind.

- Der EU-Handel mit den USA würde geradezu explodieren: Deutschland etwa würde sowohl Einfuhren als auch Ausfuhren fast verdoppeln. Mit mehr als 90 Prozent ähnlich hoch wären aber auch die Zuwächse im Handel der USA mit Euro-Krisenstaaten wie Griechenland, Italien und Portugal.

- Der Handel Deutschlands innerhalb der EU würde schrumpfen, weil die bisherigen Vorteile des innereuropäischen Freihandels aufgehoben würden. Der Handel mit Frankreich würde um etwa 23 Prozent sinken, mit Großbritannien um rund 40 Prozent, mit Italien, Griechenland und den anderen Euro-Krisenstaaten etwa um 30 Prozent. Insgesamt würde das aber durch den stark steigenden Handel mit den USA mehr als aufgefangen.

- Der Handel Deutschlands mit Schwellenländern wie China, Brasilien, Russland, Indien und Südafrika würde um rund zehn Prozent schrumpfen - weniger stark als der Handel dieser Länder mit den USA, der etwa um 30 Prozent sinken würde.

- Verlierer wären vor allem die nahen Nachbarn, die nicht Mitglied wären: Die Staaten Nordafrikas und Osteuropas müssten Einbußen von rund fünf Prozent beim Handel mit der EU hinnehmen. Mexiko und Kanada träfe es besonders hart, ihre Wirtschaftskraft würde pro Kopf um gut sieben beziehungsweise 9,5 Prozent schrumpfen.

- Eindrücklich weisen die Forscher in der Studie darauf hin, dass der Wohlfahrtsgewinn für die Teilnehmer der THIP so groß wäre, dass sie es sich leisten könnten, die Verluste der Nicht-Teilnehmer auszugleichen, damit alle vom Freihandel profitieren. Gleichzeitig könnten diese Länder die Verluste minimieren, indem sie bestehende Handelsbarrieren abbauen - im Grunde also zumindest einen Teil der THIP-Regelungen übernehmen.

- Innerhalb Europas profitierten - außer Großbritannien - Schweden, Irland und Spanien am stärksten von der THIP. Spanien vor allem, weil Importe, die bislang in EU-Ländern eingekauft würden, durch günstigere Einfuhren aus den USA ersetzt werden könnten. Frankreich hingegen könnte seine Wirtschaftsleistung nur um 2,6 Prozent steigern - der Handel mit den USA ist dort traditionell relativ schwach.

http://www10.pic-upload.de/18.08.13/r81ui6dkrcpx.jpg
Benutzer die sich bedankt haben: 2
vor 2 Monaten

#3

Re: Freihandelsabkommen

Zitat:
Steinbrück will Gespräche über Freihandelsabkommen unterbrechen

Peer Steinbrück will wegen der NSA-Abhöraffäre Verhandlungen über das transatlantische Freihandelsabkommen aussetzen. In dem Skandal sei zu viel ungeklärt.


SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat sich wegen der Spähaffäre um den US-Geheimdienst NSA für eine Unterbrechung der Gespräche über ein transatlantisches Freihandelsabkommen ausgesprochen. "Ich würde die Verhandlungen so lange unterbrechen, bis ich von den Amerikanern weiß, ob deutsche Regierungsstellen und ob auch europäische Einrichtungen verwanzt sind und abgehört werden", sagte er im ARD-Sommerinterview. Er würde auch gerne wissen, ob die USA "wirtschaftsrelevante Daten von deutschen Unternehmen abschöpfen".

Die Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA waren im Juli aufgenommen worden. Schon damals hatte die Geheimdienstaffäre die Gespräche überschattet.

Steinbrück kritisierte auch die Haltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in dem Skandal. Eine deutsche Regierungschefin könne nicht abwarten, wenn es um millionenfachen Datenmissbrauch gehe, sagte der SPD-Kandidat. In der Affäre sei "vieles offen und bislang nicht aufgeklärt".

Gleichzeitig kritisierte er das Verhalten der Bundesregierung in der Euro-Rettung. Mit dem dritten Griechenland-Paket sei auch die Einschätzung verbunden, dass die bisherige Krisenstrategie versagt habe, sagte er in dem Interview. Deutschland sei in einer Haftungsunion und werde für die Stabilisierung des Euros und Europas bezahlen müssen.

Eine Wiederauflage der großen Koalition schloss Steinbrück für sich aus. "Ich bin nicht der Steigbügelhalter für eine neue Amtszeit von Frau Merkel", sagte er. Seiner Meinung nach war die SPD der bessere Teil der Koalition – habe aber darunter gelitten, was sich im Wahlergebnis niederschlug.



Zitat:
Lasst den Freihandel nicht an Snowden scheitern

Das Freihandelsabkommen ist zu wichtig, um von der Datenaffäre verhindert zu werden. Es gilt, Regeln für einen fairen globalen Wettbewerb zu entwickeln.


Das war knapp. Beinahe hätten die Europäer aus Empörung über ihre amerikanischen "Freunde" ihre ökonomischen Interessen aus den Augen verloren und sich selbst geschadet. Der Zorn über das Ausmaß der Datenabschöpfung ist ja berechtigt. Aber wenn die EU deshalb die Gespräche über das Transatlantische Wirtschaftabkommen (TTIP) gestoppt hätte, wie Frankreich forderte, wäre zum Gefühl der Verletzung wirtschaftlicher Schaden hinzugekommen.

Glücklicherweise haben Kanzlerin Merkel und Präsident Obama einen guten Draht zueinander und einen kühlen Blick für das, was auf dem Spiel steht. Die Verhandlungen über die Schaffung der größten Wirtschaftszone der Erde können am Montag beginnen. Parallel tagen Arbeitsgruppen, um die Datenaffäre aufzuklären. Europa und Amerika nutzen den Streit als Therapie für die Krise. Der Umgang mit Daten wäre in jedem Fall ein zentrales Kapitel bei TTIP geworden. Nun ist hoffentlich allen klar, wie sensibel damit umzugehen ist.

Auch beim Wirtschaftsabkommen geht es um die Frage, ob Europa und Amerika den Gang der Ereignisse lenken oder von ihnen gelenkt werden möchten, ob sie den Wandel gestalten oder erleiden wollen. Heute und in den nächsten Jahren dominieren sie die Weltwirtschaft noch, in 20 Jahren womöglich nicht mehr – es sei denn, sie tun etwas dafür. Gemeinsam stehen sie für etwa die Hälfte des globalen Bruttosozialprodukts, 70 Prozent der Finanzdienstleistungen, 60 Prozent der Forschung und Entwicklung. Die bahnbrechenden Erfindungen kommen nach wie vor aus den USA und der EU.

Die Europäer werden nicht alle ihre Umwelt- und Verbraucherschutzsorgen durchsetzen können

Doch neue Mächte steigen auf, ganz voran China, dazu Indien, Brasilien und andere Länder. Es geht nicht darum, ihnen das zu verwehren, sondern Regeln für den fairen Wettbewerb zu entwickeln. Selbstverständlich vertritt die Bundesregierung dabei die Interessen ihrer Bürger, kämpft für deren Arbeitsplätze und soziale Sicherheit, versucht, deutsche Vorstellungen von Umweltschutz, gesunden Nahrungsmitteln, Sicherheitsstandards für Autos, Kindersitze, Computer, Patent- und Datenschutz durchzusetzen.

Das ist mit den USA nicht immer einfach, sonst gäbe es so ein Abkommen ja längst. Deutsche und Amerikaner haben unterschiedliche Vorstellungen über die richtige Balance zwischen Wachstum, Umwelt und Energieverbrauch, zwischen Terrorabwehr und Bürgerrechten, zwischen Wirtschaftsinteressen und staatlicher Regulierung. Doch die Gemeinsamkeiten zwischen der EU und den USA sind allemal größer als zwischen Europa und China. Peking versteht, dass jetzt Weichen gestellt werden, schließt Verträge über den Zugang zu Bodenschätzen in Afrika und Südamerika, sucht Freihandelsabkommen mit Nicht-EU-Staaten wie Island, der Schweiz und Norwegen.

Die EU und die USA sind sich viel näher. Sie praktizieren längst Freihandel, Zölle spielen kaum noch eine Rolle. Jetzt geht es um gemeinsame Standards und Regeln. Autos und andere Produkte werden preiswerter, wenn man sie nicht zwei Mal nach getrennten Sicherheitstests für Amerika und Europa zulassen muss. Jeder, der die USA besucht hat, weiß, dass man auch dort gesund essen und leben kann. Im Bankwesen, der Energiebranche, dem Agrarsektor wird Deutschland den Partnern nicht alle seine Wertvorstellungen aufzwingen können. Entscheidend ist, dass der Verbraucher die Wahl hat, zum Beispiel durch die Kennzeichnung genveränderter Lebensmittel.

Es wäre zu wünschen, dass TTIP eine ebenso breite Debatte auslöst wie die Datenaffäre. Dass Politiker und Wirtschaftseliten sich die Mühe machen, den Bürgern den Sinn dieses Abkommens in Talkshows und Debatten besser zu erklären. In der Datenaffäre stolperte die Aufklärung den Emotionen lange hoffnungslos hinterher. Nur langsam klärt sich der Blick, was an der US-Praxis in den Bereich des international Üblichen fällt und was tatsächlich empörend ist. Im Wirtschaftsabkommen geht es um noch mehr sensible Bereiche. Starke Gefühle sind gut, solange darüber die handfesten Interessen nicht aus den Augen geraten.

http://www10.pic-upload.de/18.08.13/r81ui6dkrcpx.jpg
Benutzer die sich bedankt haben: 1
vor 4 Tagen